Dank Europäischer Beschäftigungs­vorgabe weniger Arbeitslosigkeit

Eine gute Arbeit für alle Menschen in Europa: Das ist das Ziel der europäischen Gewerkschaften. Arbeitslosigkeit und befristete oder schlecht entlöhnte Stellen sind jedoch weit verbreitet. Eine neue Idee sieht deshalb vor, dass die Grosskonzerne neue Stellen schaffen müssen – solange, bis in Europa echte Vollbeschäftigung besteht.

Als Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 ist die Arbeitslosigkeit in Europa massiv gestiegen. In einigen Staaten betrug die Arbeitslosenquote mehr als 15 Prozent und die Quote der Jugendarbeitslosigkeit sogar bis zu 50 Prozent. Diese Quoten sind seither zwar wieder gesunken, aber die Probleme des Arbeitsmarktes sind noch lange nicht gelöst. Viele Stellen sind heute befristet und schlecht entlöhnt. Das muss nicht so sein! Drei Gewerkschaftsökonomen haben eine neue Idee entwickelt: Die Europäische Beschäftigungsvorgabe (EBV).

Was ist die Europäische Beschäftigungsvorgabe (EBV)?

Die EBV ist ein neues politisches Instrument, das die Konzerne in die Pflicht nehmen soll. Die Idee: Anstatt ihre hohen Gewinne in die Taschen der Manager und Aktionäre umzuleiten, müssen Konzerne zuerst wieder investieren und Jobs schaffen.

  • Die EU-Kommission setzt dazu ein konkretes Ziel zur Vollbeschäftigung: Die Arbeitslosigkeit darf nicht mehr als 2 Prozent betragen und jede Person soll eine qualitativ gute Arbeitsstelle haben.
  • Die Kommission macht den Unternehmen mit über 250 Mitarbeitenden eine Vorgabe, um wieviel Prozent sie die Anzahl Stellen und die Personalausgaben erhöhen müssen. Beispielsweise legt sie fest, dass in den nächsten vier Jahren die Unternehmen europaweit die Zahl der Arbeitsstellen und die Personalausgaben um 20 Prozent erhöhen müssen.
  • Nach vier Jahren wird geprüft, ob das Ziel von höchstens 2 Prozent Arbeitslosigkeit bereits erreicht wurde. Falls nicht, wird die Vorgabe periodisch solange wiederholt, bis das Ziel erreicht wird.
  • Bei Nichteinhaltung der Vorgaben soll es Sanktionen geben. Arbeitszeit reduzieren, um neue Stellen zu schaffen Um die Vorgaben der EU-Kommission umzusetzen, können die Grossunternehmen beispielsweise
  • die Arbeitszeit bei gleichbleibendem Lohn reduzieren und dafür die Erwerbsarbeit auf mehr Beschäftigte verteilen (z.B. 35-Stundenwoche statt 40-Stundenwoche).
  • Sie können aber auch Erweiterungsinvestitionen vornehmen oder eine Kombination von beidem wählen.
  • Auch Investitionen in die Aus- und Weiterbildung schaffen Arbeitsstellen und tragen zur Umsetzung der Beschäftigungsvorgabe bei.

Wie die Konzerne die EBV tatsächlich umsetzen, wird in Verhandlungen zwischen den Konzernleitungen und den Europäischen Betriebsräten festgelegt.

Beschäftigung vor Profit

Unternehmen dürfen dabei zwar weiterhin Profit machen, müssen aber ihren Beitrag an die Vollbeschäftigung leisten. In den Grosskonzernen der EU arbeitet ein Drittel aller Beschäftigten. Um die Arbeitslosenquote auf 2 Prozent zu senken, braucht es rund 11 Millionen neue Stellen. Werden diese Stellen ausschliesslich bei Grossunternehmen geschaffen, müssten diese ihren Stellenbestand um rund 30 Prozent erhöhen.

Auch der Schweiz bringt es Vorteile

Eine Beschäftigungsvorgabe macht wegen der drohenden Abwanderung von Firmen nur auf EU-Ebene Sinn. Die Schweiz ist politisch, gesellschaftlich und wirtschaftlich hochgradig mit Europa vernetzt und hat ein sehr grosses Interesse an einer wirtschaftlich prosperierenden und sozialen Europäischen Union. Bei Einführung einer EBV würde sich die Schweiz rasch freiwillig anschliessen, da sie eine Verlagerung der Stellen in die EU verhindern will. Jede zehnte Stelle in der Schweiz stammt von einem multinationalen Konzern mit Sitz im Ausland. Somit würden auch Schweizer Arbeitnehmende von einer EBV profitieren.

Nächste Schritte

Die Idee der Beschäftigungsvorgabe soll in den europäischen Gewerkschaften und verbündeten Organisationen und Parteien bekannt werden. Ziel ist es, dass das Instrument auch in den Einzelgewerkschaften Europas diskutiert und an der Basis populär gemacht wird.